„Helfen und Gestalten“ - Die Anfänge der AWO in Ostholstein vor 100 Jahren
Vortrag Jürgen Weber auf der AWO-Kreiskonferenz Ostholstein in Lensahn am 18.5.2019
Die AWO feiert und erinnert an 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt in vielfältigster Form und überall im Land. Das Gründungsdatum im Deutschen Reich ist mit dem 13. Dezember 1919 bekannt. Einen Landesverband ( oder Bezirksausschuss wie das früher hieß) in Schleswig-Holstein gibt es seit Anfang 1921. Einen Kreisverband im Gebiet des heutigen Kreises Ostholstein können wir für Ende 1922/ Anfang 1923 annehmen. Das war damit neben Kiel, Lübeck und Altona die früheste AWO-Kreisorganisation in SH überhaupt.
Hier in Ostholstein war die politische/Verwaltungs- Lage seinerzeit etwas komplizierter als anderswo. Ein größerer Teil des heutigen Kreises OH gehörte bis 1937 gar nicht zu Schleswig-Holstein sondern zum Landesteil Lübeck des Freistaats Oldenburg i.O. Das betraf die Gemeinden Ahrensbök, Bosau, Gleschendorf, Malente, Süsel, Stockelsdorf und Ratekau sowie die Städte Eutin und Bad Schwartau. Das behinderte nicht die eigentliche Arbeit der AWO vor Ort, war aber ein Faktor beim Umgang mit den Behörden. 1925 legt der Bezirksausschuss seinen ersten schriftlichen Geschäftsbericht vor. Bis dahin haben sich 45 Ortsausschüsse in SH plus Lübeck gebildet und sind aktiv geworden. Drei davon aus dem heutigen Kreis Ostholstein: Eutin, Oldenburg und Stockelsdorf. Diese Orte sind also gewissermaßen die Gründerzentren der AWO hier im Kreis.
Als die Arbeiterwohlfahrt am Dezember 1919 das Licht der Welt erblickt, ist das nichts weniger als eine fundamentale Wende in der deutschen Sozialgeschichte und politisches Neuland: Erstmals steht mit Marie Juchacz eine Frau an der Spitze einer neuen politischen Organisation. Erstmals setzt sich in der Arbeiterbewegung die Einsicht durch, dass neben dem politischen Kampf und der gewerkschaftlichen Organisation ein neues Feld der Sozialpolitik sehr praktisch bestellt werden muss und erstmals begründet eine Partei eine eigene Wohlfahrtsorganisation. Die AWO ist von 1919-1933 eine Arbeitsgemeinschaft der SPD. Das sollte ein Alleinstellungsmerkmal bleiben.
Drei Impulse haben die AWO ins Leben gerufen und schnell zu einer starken sozialen Bewegung werden lassen. Zuerst waren da der Krieg und seine Folgen: Die unglaubliche Not – schon während des Krieges - hat einen enormen Bedarf an Wohlfahrtsaufgaben hervorgebracht. Hunger, Kriegstote und Kriegsversehrte, Arbeitslosigkeit, Inflation uvm. waren die Überschriften.
Zum zweiten war der politische Umsturz gelungen: Die Novemberrevolution 1918, der demokratische Aufbruch der Weimarer Republik schaffte völlig neue Möglichkeiten für die Arbeiterbewegung im Lande. U.a. gab es die Chance der Demokratisierung der kommunalen Selbstverwaltung, die Mitwirkung in Gemeindevertretungen und Verwaltungen. Wo es sozialdemokratische oder zumindest demokratisch-republikanische Mehrheiten gab, konnte auch politisch manches im Sinne der AWO erreicht werden. Jetzt war es nicht mehr der ungeliebte und verhasste wilhelminische Obrigkeitsstaat - jetzt war es die junge Demokratie, die diese großen sozialen Herausforderungen bewältigen musste. Und das darf man sich nicht als selbstverständlichen demokratischen Alltag vorstellen. Gerade in SH und vor allem in den ländlichen Gebieten waren die republikfeindlichen, deutschnationalen Kräfte nach wie vor präsent. Was in der Politik galt, betraf auch in der Wohlfahrtsorganisation. Bis 1919 hatten die bürgerlichen und oftmals nationalistisch ausgerichteten traditionellen Wohlfahrtsverbände – vor allem die überall präsenten sog. Vaterländischen Frauenverbände -mehr oder weniger ein Monopol in der freien nicht-staatlichen Wohlfahrtspflege, oft in Kooperation mit Organisationen des Militärs oder von Unternehmen oder großen Gutsbesitzern.
Die Befreiung von bürgerlich-konservativer Vorherrschaft in der freien Wohlfahrtspflege, die während des Krieges besonders schmerzhaft von den aktiven Frauen in der Arbeiterbewegung empfunden wurde,, war ein dritter starker Impuls für die vielen Gründungsmütter und wenigen Gründungsväter gewesen, die Arbeiterwohlfahrt ins Leben zu rufen. Der neue Staat hatte politische Teilhabe in der Demokratie geschaffen und das Versprechen der Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen gegeben. Die AWO wollte ein Teil dieser Bewegung sein – und sie wurde es.
Zwei Dinge gehörten von Beginn an untrennbar zusammen: die konkrete Hilfe vor Ort für die von Not, Armut und sozialen Problemen betroffenen Menschen zum einen und die aktive Mitwirkung in Parlamenten, Gemeindevertretungen, in Verwaltungen und Behörden, andererseits, um Helfen zu ermöglichen und staatliche Hilfen verbessern.
Helfen und Gestalten. Diese Doppelstrategie, wenn man so nennen will, war die Gründungsidee der AWO. Und sie lebt sie bis heute, auch wenn sich in unserer Gesellschaft vieles verändert hat seitdem. Mit der Konstituierung des Hauptausschusses der AWO am 13. Dezember 1919 war der Startschuss gegeben. Zum richtigen Leben erweckt wurde die AWO dann mit den im März 1920 veröffentlichen ersten vorläufigen Richtlinien für die Arbeit der Bezirks- und Ortsausschüsse. Ohne Satzung geht gar nichts in der traditionellen Arbeiterbewegung. Die AWO hatte naturgemäß dort die besten Startchancen, wo die SPD insgesamt eine starke Rolle spielte und über eine große Organisationskraft und Anhängerschar verfügte. Das waren die Städte bzw. Orte mit einem nennenswerten Anteil an Industriearbeiterschaft. Dort waren zudem die sozialen Nöte und Missstände in besonderem Masse öffentlich sichtbar.
Als zu Beginn der 30er Jahre die Bedrohung durch die Nationalsozialisten stärker und weithin sichtbar wurde, war die Sozialpolitik endgültig zum politischen „Schlachtfeld“ geworden. Die Nazi-Propaganda einer alle Probleme lösenden sog. Volksgemeinschaft verfing zusehends auch bei Menschen, um die sich die AWO kümmern wollte und auch kümmerte. Nun wurden AWO-Ortsgruppen Gründungen, die immer schwieriger möglich wurden, auch zu politische Abwehrmaßnahmen gegen den drohenden Faschismus in Deutschland. Ein gutes Beispiel dafür ist die letzte Gründung einer größeren AWO Ortsgruppe noch vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten hier in Ostholstein. Im Dezember 1931 wurde in Neustadt auf einer Parteiversammlung der SPD die Gründung eines Ortsausschusses der AWO beschlossen, um der sozialpolitischen Agitation der Nazis etwas konkretes entgegenzusetzen.
Als die AWO 1933 verboten wurde, hatte sie nach gut 12 Jahren intensiven Engagements 100 Ortsgruppen in SH aufgebaut. An festen AWO-Einrichtungen gab es zu Beginn des Jahres 1933 60 Beratungsstellen, 80 Nähstuben, 5 Kindergärten bzw. „Tagesheime“, 1 Kindererholungsheim und eine Behindertenwerkstatt. Wer waren nun die Menschen, die die AWO aufgebaut und die ihr in den ersten Jahren ihr Gesicht gegeben haben ? Marie Juchacz habe ich bereits erwähnt. An der Spitze in SH stand Louise Schröder, Reichstagsabgeordnete und nach 1945 bekannt geworden als Berliner Oberbürgermeisterin. Viele Namen vor Ort wären zu nennen. Mitglieder der AWO waren die ehrenamtlichen „Mitarbeiter“, also diejenigen, die für die AWO tätig waren. Die Mitarbeiterversammlungen waren dann auch die demokratischen Organe, das den Ortsausschuss wählt, als eine Art Vorstand der lokalen AWO. Mitarbeiter konnte werden, wer SPD-Mitglied war. Oder Parteilose auf besonderen Antrag, die dann meist aus Gewerkschaften, Arbeiter-Samariterbund, oder den Konsum-Genossenschaften kamen, mit denen es sowieso eine enge Zusammenarbeit gab. So etwas wie „passive Mitgliedschaft“ wird es vereinzelt gegeben haben. Eine einfache Mitgliedschaft ohne die Übernahme von Aufgaben in der sozialen Arbeit war jedenfalls in den ersten Jahren nicht Sinn und Zweck der AWO. Über örtliche Mitgliederzahlen gibt es nur vereinzelte Informationen. In ganz Schleswig-Holstein hatte die AWO 1930 ca. 3.500 Mitarbeiter*innen/Helfer*innen (genau 2061 Frauen (=59%) und 1437 Männer). Das sind ca. 6% der Mitgliedschaft der SPD – damals. Auch wenn es örtlich unterschiedliche Ausprägungen gegeben hat, so geben diese Zahlen einen Eindruck vom personellen Umfang der Arbeit der AWO . Die Entwicklung der AWO zu einem Mitgliederverband ist eine viel spätere Geschichte. Da wie heute in Lensahn sind, will ich das hier in einem kleinen Einschub erläutern.
Mitglieder Entwicklung am Beispiel Lensahn. Für 1947 ist eine Gründung mit 36 Mitgliedern überliefert , 1949 gab es 7 sog. Funktionsträger sprich aktive Mitarbeiter und 10 Fördermitglieder also insgesamt 17 Mitglieder, 1955 waren es noch 9 Mitglieder, 1960 noch 5 Mitglieder. Mit dem Bau eines Alters- und Pflegeheims (Landesverband) und der Möglichkeit einer einfachen Mitgliedschaft stieg die Zahl der Mitglieder dann rasch an: 1970 24, 1977 90 Mitglieder, 1985 146, 1991 432. Das Gesicht der AWO begann sich zu verändern. Doch zurück zur Gründerzeit.
Nicht nur an der Spitze mit Louise Schröder, sondern fast überall vor Ort waren es in erster Linie Frauen, die die AWO Arbeit trugen. Auch die örtlichen Vorsitzenden waren seinerzeit ganz überwiegend weiblich. In der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung[i] erschien am 28. Oktober 1922 ein Text von Louise Schroeder mit der Überschrift „Wir Frauen und der kommende Winter“.
Louise Schroeder schildert darin eindringlich die Sorgen angesichts des nahenden Winters und appelliert schließlich ausdrücklich an die Frauen: „Deshalb Frauen, werdet nicht müde, nicht gleichgültig! Nur wer sich selbst aufgibt, ist wahrhaft verloren! Geht trotz aller äußeren und inneren Nöte an die Winterarbeit! Nur wer selbst mithilft, Aufklärung zu verbreiten, nur wer selbst in den Reihen der politischen Kämpfer steht, hat das Recht der Kritik! Nur wer, anstatt zu jammern, tatkräftig mitarbeitet, wird auch über diesen Winter hinwegkommen! Neben dem Aufruf zur tatkräftigen praktischen Sozialarbeit verwies sie auch auf die politische Arbeit und lud zu Frauenabenden ein, um zu besprechen, wie den Ärmsten der Gesellschaft geholfen werden könne. Deutlich zeigt sich hier die Intention, allen Frauen ihre gesellschaftliche Bedeutung und ihre Verantwortung bewusst zu machen. Gleichsam appellierte Louise Schröder an die Leserinnen, politisch aktiv zu werden und sich zu versammeln, um so gemeinsam und organisiert über die realen Missstände zu diskutieren. Helfen und Gestalten. Das hieß, auch politisch über die Ursachen von Not und Armut zu sprechen. Dass das nicht immer leicht war und angenommen wurde, zeigt ein Beispiel aus Eutin: In einem 1929 erschienenen Überblick zur wurde angemerkt, dass es lange Zeit nicht gelang, Frauen für die politische Arbeit zu gewinnen, auch wenn Schulungen und Fortbildungen angeboten wurden. Vielerorts waren es die gleichen Frauen, die der Arbeiterwohlfahrt und den Frauengruppen der SPD vorsaßen. Vereinzelt gab es auch kritische Debatten, ob sich die Frauen so ohne weiteres auf die soziale Arbeit konzentrieren sollten. Im zeitgenössischen Selbstverständnis der aktiven Frauen war die politische „Arbeitsteilung“ aber offenbar weitgehend akzeptiert. Minna Schlüter, jahrzehntelanges Mitglied der AWO aus Elmshorn beschreibt das so: „Die Männer waren meistens mit Parteiarbeit und Reichsbanner...so beschäftigt, dass ihnen keine Zeit mehr blieb, in der Arbeiterwohlfahrt mitzuarbeiten. Dazu kommt, dass es damals eine andere Erziehung war. Arbeiterwohlfahrt war damals Frauensache.“
Die Gründungsidee der AWO und die durch die tatsächlichen Herausforderungen entstandenen Aufgaben spiegeln sich auch in der Reihenfolge der Aufgaben, die der schleswig-holsteinische Bezirksausschuss für die zweite Hälfte der 1920er Jahre festlegte: Mitgliedergewinnung und Schulung für Bedienstete in der staatlich-kommunalen Wohlfahrt wie für das Ehrenamt. Mitwirkung an der Gestaltung der „öffentlichen Wohlfahrtspflege“, also der hauptamtlichen professionellen sozialen Arbeit, Individuelle Beratung und Hilfe „der Bevölkerung“, also für alle, die sich an die AWO wenden,„Praktische und private Wohlfahrtsarbeit, um der Not der Zeit entgegenzuwirken“. Erst als vierter Punkt in der beschlossenen Programmatik taucht auf, was tatsächlich vor Ort längst die Hauptarbeit der AWO war: praktische, ehrenamtliche Sozialarbeit incl. der Einrichtung von der AWO getragener Einrichtungen wie Nähstuben, Beratungsbüros, etc.
Die Gründungsidee der AWO war ja die Zusammenfassung aller im Sozialbereich in den für Wohlfahrt zuständigen Ausschüssen der Parlamente und Selbstverwaltungen und der Behörden auf allen Ebenen tätigen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Der AWO angehörige Jugendamtsleiter bzw. Sozialdezernenten gab es z.B. in Kiel, Lübeck und Elmshorn. Es war klar, dass staatliche kommunale Hilfe allein der ungeheuren Notlage vieler Menschen nicht abhelfen konnte und zudem viele Einzelschicksale unerreicht blieben. So wuchs die unmittelbar karitative Arbeit der AWO-Aktiven vor Ort schnell.
Man kann sagen, dass eigentlich von Beginn an das öffentliche Bild der AWO von dieser sehr konkreten und praktischen ehrenamtlichen sozialen Arbeit geprägt war. Und diese war vielfältig, so dass nur einiges wenige angetippt werden kann: Ein klassisches Hilfsangebot der AWO waren die Babykörbe, die von bedürftigen Müttern ausgeliehen werden konnten. Das Projekt zeugt einerseits von der Hinwendung zu jungen Frauen, die gleich mehrfach in wirtschaftliche Not geraten waren, wenn etwa der Mann und Familienvater arbeitslos geworden oder im Krieg gefallen war. Zudem verband es die Fürsorge für Frauen mit der konkreten Hinwendung zu ihren Kindern und stärkte den Zusammenhalt der gesamten Familie. In Eutin etwa verlieh die AWO seit 1925 an bedürftige Wöchnerinnen Babykörbe, die die vollständige Wäscheausrüstung für Mutter und Kind und für die Wöchnerinnen eine wirkliche Hilfe enthielten. Ende der 1920er Jahre hatte die AWO im gesamten Bezirk Schleswig-Holstein 160 Babykörbe, die mitsamt einer Erstausstattung und oft zusätzlichen Lebensmittelspenden an junge Mütter verliehen werden konnten. Hunderte Helferinnen produzierten landesweit in den Nähstuben Wäsche für Säuglinge und ihre Mütter. Ein anderes hoch geschätztes Angebot der AWO im „Land zwischen den Meeren“ sind - bis heute kann man sagen - die Strandfreizeiten für Kinder. Diese werden bereits seit 1921 durchgeführt und haben die Erinnerung vieler tausend Menschen geprägt. Um Kinder aus bedürftigen Familien gezielt versorgen zu können und gleichzeitig den Eltern eine Auszeit vom Alltag zu bieten, wurde 1921 die „Kinderwohlfahrt, Sozialistische Arbeitsgemeinschaft für Kinderfürsorge“ in Kiel gegründet. Die Kinderwohlfahrt fuhr viele hundert Kinder in den Sommerferien an fünf Werktagen an die schleswig-holsteinischen Strände in Falckenstein und Kalifornien sowie an den Westensee. Wenn ich vor vielen Jahren ältere Menschen, die als Kinder bei diesen Fahrten dabei waren, interviewt habe, war eine Erinnerung bei allen gleich und unvergessen. „ Für jedes Kind gab es täglich einen halben Liter und ein Rosinenbrötchen“. Dieses Rosinenbrötchen von der AWO hatten sie auch nach 70 oder 80 Jahren nicht vergessen. Überall in Schleswig-Holstein bot die AWO seit ihrer Gründung Kinderferienerholungen an, in denen Kinder vor allem mit wertvollen Kalorien versorgt wurden, die sie zu Hause nicht bekamen. Im Jahr 1930 wurde das Louise-Schroeder-Heim an der Eider als Kurhaus für Kinder eingeweiht. 1932 fand im bescheidenen Umfang eine Müttererholungsfürsorge mit Vorbildcharakter für andere Orts- und Kreisausschüsse statt, Auch in Niendorf an der Ostsee gab es ein solches Heim. Aus ganz Schleswig-Holstein wurden dorthin Kinder ohne ihre Eltern zur Kur geschickt. Der Anspruch der AWO war von Beginn, qualifiziert und richtig zu unterstützen. Schulungsangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und ich betone noch mal, fast ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeiter – nahmen einen großen Raum. In der Verknüpfung von eigenen Aktivitäten und einer Gestaltung der kommunalen Sozialarbeit nach den Wünschen und Forderungen der AWO, gab es eine Vielzahl von Feldern, auf denen die AWO in den 20er Jahren tätig wurde. Durch Kongresse, Tagungen, Schulungen uvm. Aus Zeitgründen liste ich die Wichtigsten hier unerläutert einmal auf, um das anschaulich zu machen. Jugendfürsorge in Verbindung mit bildungspolitischen Forderungen nach Reformen
Hilfe für Erwerbslose bis hin eigenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Ursachenforschung und Bekämpfung der „Jugendverwahrlosung“, Fürsorge Erziehung, Soziale Gerichtshilfe, Gefangenenfürsorge,
Geburtenregelung, Sexualberatung, Bedeutung der Hauspflege, Krankenversicherung, Fragen des Fürsorgerechts, Kindererholungsfürsorge.
Gegen Ende der Weimarer Republik ergab sich die Aufgabe der Gefangenenhilfe, eine Unterstützung in Haft befindlicher Parteimitglieder und v.a. Reichsbannerleute, die bei der Verteidigung der Weimarer Republik in die Mühlen der einseitigen Justiz geraten waren. Es ging auch darum, die Familienangehörigen zu betreuen und zu unterstützen. Die Vielfältigkeit der Aufgaben der AWO fand seine Entsprechung in dem politischen Netzwerk innerhalb der Arbeiterbewegung, auf das die AWO zurückgreifen konnte: den Sozialistische Erziehungsverein, die Kinderfreunde, die Sozialistische Arbeiterjugend, der Arbeiter-Abstinenzler-Bund, der Arbeiter-Samariterbund, die Konsum-Genossenschaften und die freien Gewerkschaften.
Das ist die frühe Geschichte der AWO, die 1933 abrupt durch Nazi-Herrschaft und erneutem Weltkrieg unterbrochen wurde. 1945 knüpften viele der Aktiven der ersten Jahre wieder daran an und gründeten die AWO wieder. Die Organisationsstruktur veränderte sich, die Herausforderungen auch. Das ist eine andere Geschichte, die en andermal erzählt werden kann. Helfen und Gestalten. Helfen und politischen Einfluss nehmen. Diese Verpflichtung vom ersten Tage an gilt bis heute. Und das ist gut so.